10 gute Gründe gegen einen durchgehenden Seeuferweg
- Der Verein FAiR setzt sich für einen Zürichseeweg rund um den Zürichsee ein, bekämpft aber einen direkten Seeuferweg, der zu Eingriffen in die Natur und zu Enteignungen führt.
Die Besiedlung am See hat eine lange Geschichte und hat gewachsene Strukturen hervorgebracht. Deshalb befürwortet FAiR die punktuelle Aufwertung dort, wo bereits heute die Öffentlichkeit Zugang zum See hat: bei bestehenden Seeuferwegen und Parkanlagen. Auf diese Weise würden öffentliche Gelder besser investiert als bei langwierigen Enteignungsverfahren, die ein durchgehender Seeuferweg unweigerlich nach sich ziehen würde.
- Ein durchgehender Seeuferweg juristisch, finanziell, ökologisch und unter dem Aspekt des Landschaftsschutzes sowie Schutz des Weltkulturerbes der Pfahlbausiedlungen unter dem Seespiegel ist nur unter sehr grossem Aufwand machbar.
Juristisch: Schon mehrfach hat der Regierungsrat bestätigt, dass es sich beim sogenannten Konzessionsland um Eigentum handelt. Deshalb ist bei einer allfälligen Enteignung zur Realisierung eines durchgehenden Seeuferwegs mit aufwendigen Rechtshändeln zu rechnen. Auf den Kanton kämen happige Entschädigungsforderungen zu. Dieses Geld wollen wir deshalb lieber in die Aufwertung bereits bestehender Wegnetze und Anlagen entlang des Sees investieren.
Finanziell: Der Regierungsrat bezifferte die Kosten eines durchgehenden Seeuferwegs auf 200 – 250 Mio. Franken. Die betrieblichen und die baulichen Unterhaltskosten sind in diesen Zahlen noch nicht einmal berücksichtigt. FAiR rechnet in einer Vollkostenrechnung mit mehr als 1 Mrd. Franken. Diese Kosten sind unverhältnismässig. Zum Vergleich: Für die Einhausung der Autobahn durch Schwamendingen wird mit Kosten von rund 450 Mio. Franken gerechnet. Wir wollen die im Strassengesetz für einen durchgehenden Seeuferweg vorgesehenen 4 Mio. Franken pro Jahr lieber in bereits bestehende Wegnetze und Anlagen entlang des Sees investieren. Der Panoramaweg zum Beispiel am rechten Zürichsee ist ein zusammenhängender Weg und führt von der Stadtgrenze Zürich bis an die Kantonsgrenze St. Gallen. Er ist 26 Kilometer lang und bietet einen wunderbaren Ausblick auf den Zürichsee, die Albiskette und die Alpen. Der Weg ist durch Wegweiser gekennzeichnet und bietet eine sehr gute Ergänzung zum bereits gut ausgebauten regionalen und kommunalen Wanderwegnetz der Region Pfannenstiel.
Ökologisch: Der See ist bereits heute stark beansprucht: Badeanstalten, Segel-, Ruder- und Jachtclubs, die Schifffahrt und vieles mehr bilden heute ein vielfältiges Nebeneinander um und auf dem See. Die Natur wird stark strapaziert. Tiere haben Mühe, geeignete Nistplätze zu finden, wo sie in Ruhe ihre Eier legen und die Jungen aufziehen können. Damit Flora und Fauna nicht noch mehr gestresst werden, ist es wichtig, dass unnötige Eingriffe in die Naturlandschaft unterbleiben.
Landschaftsschutz: Das Zürichseebecken wird heute als liebliche Landschaft mit eigenem Charakter wahrgenommen. Dabei ist zu bedenken, dass vor allem die Menschen, die sich am See niedergelassen haben, das Land unter hohen Kosten vor Erosion geschützt, Gärten angelegt und gepflegt haben. Das Zürichseebecken ist damit zu einer einzigartigen Kulturlandschaft geworden, der es Sorge zu tragen gilt. Ein durchgehender Seeuferweg würde einen erheblichen Eingriff in dieses Landschaftsbild bedeuten. Dazu kommt, dass die Motivation der privaten Anrainer, ihre Uferpartie zu pflegen, mit Sicherheit schwinden würde, würde ihnen ein öffentlicher Weg durch den Garten gelegt werden. Die Grundstücke würden an Wert verlieren. Die Pflege müssten Kanton und Gemeinden übernehmen, was sie gar nicht in der Lage wären, im gleichen Umfang zu leisten.
- Nach einem milden Frühlings- oder Sommertag strotzen die Quaianlagen rund um das untere Seebecken in der Stadt Zürich sowie leider auch die meisten öffentlichen Anlagen der Gemeinden vor Abfall und Güsel. Ausserdem dienen diese Anlagen auch als öffentliches Pissoir. Die jährliche Seeputzete zeigt, dass der See als billige Abfalldeponie betrachtet wird. Im November 2017 haben 30 Taucher zwei Riesenmulden Abfall aus dem Seebecken geborgen, was aber nur etwa einem Viertel des gesamten, nur an dieser Stelle versenkten Mülls entspricht. Alleine die Entsorgung des Abfalls und das Sauberhalten der Quaianlagen und der öffentlichen Anlagen kosten die Stadt und die Seegemeinden jährlich fast 2 Mio. Franken. Die Öffentlichkeit ist offensichtlich nicht in der Lage, den ihr zugedachten Raum in Ordnung zu halten. Ein durchgehender Seeuferweg würde das Abfallproblem an Land und im Wasser verschärfen, und die Beseitigung des Abfalls würde zu noch höheren Kosten führen. Ausserdem würde ein durchgehender, direkt am See geführter Weg ein grosses Sicherheitsrisiko mit sich bringen. Die Gemeinde-, die Kantons- und die Seepolizei wären masslos überfordert.
- Das sogenannte Konzessionsland ist Privateigentum! Der Begriff ist leider irreführend, denn heute versteht das Gesetz unter einer Konzession eine zeitlich begrenzte Übertragung eines Nutzungsrechts. Das Konzessionsland am Zürichsee wurde aber von den Eigentümern rechtmässig erworben und im Grundbuch so eingetragen. Es wurde nie eine zeitlich begrenzte Nutzung vereinbart, nach der das Land wieder an den Kanton zurückfallen würde. Zu diesem Schluss kommen zwei voneinander unabhängige Rechtsgutachten, ebenso der Regierungsrat.
Trotz besseren Wissens wird aber immer wieder kolportiert, die Seeanrainer hätten ihr Land geschenkt (will wohl heissen, zu einem viel zu tiefen Preis) erhalten. Tatsache ist, dass die Gemeinden bislang viele Millionen Franken an Grundstückgewinnsteuern bei Handänderungen von Grundstücken am Seeufer eingenommen haben, was bei Land, das nichts gekostet hat und nicht in Eigentum übergegangen ist, nicht der Fall wäre. Von Geschenken kann deshalb in diesem Zusammenhang nicht gesprochen werden.
Auch zur Zeit der grossen Landaufschüttungen im 19. Jahrhundert wurde kein Land verschenkt. Im Gegenteil: Die Preise waren angesichts des damals minderwertigen Landes angemessen, und die zusätzlichen Pflichten der neuen Eigentümer, Uferschutzanlagen zu erstellen und zu unterhalten, waren mit hohen Kostenfolgen verbunden.
- Eigentum ist ein Grundpfeiler unserer freien demokratischen Gesellschaft und von der Verfassung garantiert. Das Schweizerische Zivilgesetzbuch formuliert das Recht am Eigentum wie folgt: «Wer Eigentümer einer Sache ist, kann in den Schranken der Rechtsordnung über sie nach seinem Belieben verfügen. Er hat das Recht, von jedem, der sie ihm vorenthält, diese heraus zu verlangen und jede ungerechtfertigte Einwirkung abzuwehren (ZGB, Art. 641).»
Die Realisierung eines durchgehenden Seeuferwegs würde unweigerlich Enteignungen von privatem Eigentum erfordern. Enteignungen sind aber in unserer Gesellschaft ein aller-letztes Mittel, um wichtige übergeordnete Interessen durchsetzen zu können. Ein durch-gehender Seeuferweg entspricht mit Sicherheit keinem übergeordneten öffentlichen Interesse. Bei der Güterabwägung zwischen dem Eingriff in privates Eigentum und der Realisierung des durchgehenden, unverhältnismässig teuren Seeuferwegs fällt die Güterabwägung eindeutig zu ungunsten des Seeuferwegs aus.
Schutz des Weltkulturerbes der Pfahlbausiedlungen: Die Pfahlbauernsiedlungen in der Schweiz, darunter auch diejenigen im Zürichsee, sind in die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes aufgenommen worden. Es handelt sich also um Denkmäler von herausragender Bedeutung und grosser wissenschaftlicher Aussagekraft. Doch die Funde sind durch allerlei ungünstige Eingriffe in den Uferbereich – unter anderem auch durch den Bau eines durchgehenden Seeuferwegs – erheblich gefährdet.
- Ursprünglich war das Ufer des Zürichsees – wie die meisten Gewässer in der Schweiz – verschlammt. Abwässer wurden ungereinigt in den See geleitet und das Seebecken diente seit jeher als Abfallgrube. Der See stank. Dieses Milieu ist das bevorzugte Umfeld der Stechmücke, die auch der Überträger des Malariaerregers ist. Malaria, das wird heute meist vergessen, war auch in Mitteleuropa eine gefürchtete, meist tödlich verlaufende Krankheit.
Ausserdem kam es. bevor der Zürichsee reguliert worden war, zu starken Wasserstandschwankungen und oft auch zu Hochwasser. Erst die Seeregulierung und die Verpflichtung der Konzessionäre von Landaufschüttungen, das trockengelegte Land und damit auch das Hinterland, insbesondere die neue Seestrasse, vor Erosion und Hochwasser zu schützen, schufen im Laufe der Zeit Abhilfe.
Die Wohnlagen unmittelbar an Gewässern waren also aus diesen oben genannten Gründen nicht sehr beliebt, und der Landstreifen entlang des Sees galt als minderwertig. Ausdruck dafür sind die alten, noblen Villenquartiere am Zürichberg, die hoch über dem See angelegt worden waren.
Das heutige liebliche Landschaftsbild und die bevorzugten Wohnlagen haben diejenigen Menschen geschaffen, die das Land seit Generationen besitzen und es hegen und pflegen. Es widerspricht Treu und Glauben, die Familien, die diese grossartige Leistung erbracht haben, heute zu enteignen.
- Neuerdings findet die Idee von Steglösungen vermehrt Fürsprecher. Steglösungen erfordern aber teure Investitionen und sind auch beim baulichen und betrieblichen Unterhalt finanziell sehr aufwendig. Zudem müssten viele kostspielige und reparaturanfällige Konstruktionen gebaut werden, damit die Schifffahrt ihre Landeanlagen, Häfen und Bootshäuser sicher anlaufen könnte. Stege verändern das Landschaftsbild und greifen zerstörend in den sensiblen Ufer- und Schilfgürtel ein. Sie untergraben damit langjährige Bemühungen des Naturschutzes und der Fischerei.
- Die Befürworter eines durchgehenden Seeuferwegs liebäugeln mit neuen Landaufschüttungen, die zu dessen Realisierung getätigt werden könnten. Schüttungen sind aber aus technisch-topografischen und rechtlichen Gründen nur in sehr eingeschränktem Masse möglich. Es würden neue Rechtsstreitigkeiten mit Eigentümerinnen und Eigentümer von Uferparzellen auf den Kanton zukommen. Grössere Schüttungen kommen heute nur noch für Vorhaben von öffentlichem Interesse, im Rahmen von ökologischen Ausgleichs- und Ersatzmassnahmen oder für Revitalisierungsmassnahmen infrage. Auch der Regierungsrat sieht keinen Anlass, für den Bau des Seeuferwegs Aufschüttungen zu fördern.
- Auch Wasserspiegelabsenkung werden immer wieder diskutiert. Doch das dadurch gewonnene Land darf gemäss den Bestimmungen des Natur- und Heimatschutzgesetzes (NHG) und des Bundesgesetztes über die Fischerei (BGF) nicht als Erholungsgebiet genutzt werden. Das heisst, der Bau eines Seeuferwegs auf diesen Flächen ist rechtlich nicht möglich und zudem im Hinblick auf die rein technischen Gegebenheiten wie Uferverbauungen, Häfen, Kursschifffahrt, Fährbetrieb und Grundwasserspiegel äusserst problematisch.
- Mit wenig finanziellem Aufwand liesse sich das bereits heute sehr grosse Angebot an Wanderwegen in den Gebieten des Zimmerbergs und des Pfannenstiels erweitern. Viele bestehende öffentliche Anlagen könnten zu Treffpunkten von Familien, Wassersportlern, Schwimmern und Erholungssuchenden aufgewertet werden. Dazu braucht es keinen neuen, teuren Seeuferweg.
Es gibt sie also: eine vernünftige Alternative zum unverhältnismässig teuren Seeuferweg. FAiR hat einen machbaren und bezahlbaren Vorschlag ausgearbeitet. Dieser käme die Steuerzahler auf max. 25–30 Mio. Franken zu stehen. Dieser Betrag könnte je nach Finanzierungsmöglichkeit des Kantons oder der Gemeinden auf mehrere Jahre verteilt werden.
Der von FAiR vorgeschlagene zusammenhängende Zürichseeweg führt durch öffentliche Anlagen und nutzt nur bestehende Wege entlang des Ufers. Er führt durch Dörfer mit ihren historischen und kulturellen Sehenswürdigkeiten oder über Anhöhen mit attraktiver Sicht auf den See und die Berge. Der Zürichseeweg ist an die kommunalen und regionalen Wanderwegnetze, die Bus- und SBB-Bahnhöfe und die Schiffsstationen angeschlossen.